PD Dr. Martina Kölbl-Ebert: Frischer Fisch aus dem Jura-Meer: Die Forschungsgrabung Ettling des Jura-Museums Eichstätt
Bericht vom Vortrag am 10. Juli 2019
PD Dr. Martina Kölbl-Ebert, Jura-Museum Eichstätt
Thema: Frischer Fisch aus dem Jura-Meer: Die Forschungsgrabung des Jura-Museums Eichstätt
Seit rund 200 Jahren sind die Bayerischen Plattenkalke weltberühmt für ihre fossilen Wirbeltierfunde. Kaum zu glauben, dass auch nach so langer Zeit des Steinabbaus und der Forschung noch immer Neues zu entdecken ist. Doch genau das erleben Mitarbeiter und Ehrenamtliche des Jura-Museums Eichstätt auf ihrer aktuellen Forschungsgrabung im Plattenkalksteinbruch von Ettling: Zahlreiche bisher unbekannte Fisch-Arten konnten geborgen werden.
Die Plattenkalke von Ettling gehören zum Solnhofener Archipel, einem rund 150 Millionen Jahre alten tropisch warmen Flachmeer, das von verstreuten Inseln, Schwamm- und Korallenriffen, Sandbarren und tieferen Becken geprägt war. In den Becken lagerten sich die Solnhofener Plattenkalke ab, die durch ihre Wirbeltierfossilien, darunter der Urvogel Archaeopteryx, weltberühmt sind. Die Forschungsgrabung Ettling erschließt eines dieser Plattenkalkbecken. Ungewöhnlicherweise sind über 95% aller dort gefundenen Fossilien Fische. Funde größerer Fische sind aber auch in Ettling selten und nur unter enormem Zeit- und Präparationsaufwand zu machen.
Dennoch lohnt es sich aus wissenschaftlichen Gründen: Zum einen ist die Erhaltung der Fische außerordentlich gut. In ihrem Detailreichtum übertrifft sie noch bei weitem die Funde aus der Region Eichstätt/Solnhofen. Zum anderen besitzt Ettling eine weitgehend einzigartige Fischfauna mit zahlreichen, bisher unbekannten Arten. Darunter sind viele Vertreter der modernen Strahlenflosser, die in der Zeit des Oberen Jura begannen, ihre heutige Vielfalt zu entwickeln. Daher erwarten sich Fischspezialisten neue Erkenntnisse über die frühe Evolution dieser heute dominanten Fischgruppe. Die besondere Detailliertheit der Fossilerhaltung ermöglicht die Untersuchung von biomechanischen und paläobiologischen Fragestellungen. Für all diese Forschungsarbeiten ist Ettling ein einzigartiges Fenster in die Erdgeschichte.
Die Ettlinger Fische repräsentieren die volle Bandbreite jurazeitlicher Strahlenflosser. Von diesen Knochenfischen existierten damals mehr unterschiedliche Grundbaupläne als heute. In Ettling gab es Schmelzschupper mit massiven, rautenförmigen Schuppen ebenso wie moderne Strahlenflosser, die Teleostei, die heutzutage rund 96 % aller Fische ausmachen.
Teleostei kennt man seit rund 200 Millionen Jahren. In der Oberen Jurazeit, vor rund 150 Millionen Jahren, sind wir jedoch in der Zeit, in der die Teleostei die Grundlage ihrer späteren Diversität legen. Die Funde aus den bayerischen Plattenkalken ermöglichen einen weltweit einmaligen Blick in diesen bedeutenden Abschnitt der Teleostei-Evolution. Dem Steinbruch Ettling kommt aufgrund seiner hohen Zahl neuer Arten in diesem Zusammenhang besondere Bedeutung zu.
PD Dr. Martina Kölbl-Ebert (SNSB-JME; Juli 2019)