Fossil des Monats Februar 2020

Schnabelmuschel Ryderia doris

Schnabelmuschel Ryderia doris (d’Orbigny, 1850), SNSB-BSPG 2011 XI 150

Unterer Jura, Oberes Pliensbachium (ca. 180 Mio. Jahre), Tongrube Buttenheim, Oberfranken

Länge: 5 cm

Die Muschel Ryderia doris ist durch ihren langen, hinten gelegenen „Schnabel“ (Rostrum) eine der auffälligsten Muscheln des Unteren Juras Frankens. Das ausgestellte Stück stammt aus der Tongrube Buttenheim, der einzigen noch im Abbau befindlichen Grube im Unteren Jura dieser Region. Hier ist der so genannte Amaltheenton aufgeschlossen. Die Grube lieferte eine reiche fossile Meeresfauna, die von Schnecken, Ammoniten und Muscheln beherrscht wird. Eine soeben abgeschlossene wissenschaftliche Erfassung ergab fast 60 Muschelarten – eine beträchtliche Diversität für einen einzigen Aufschluss. Diese hohe Artenzahl deutet auf günstige Lebensbedingungen hin, ist aber auch das Ergebnis einer intensiven Sammeltätigkeit, insbesondere des Sammlers Johann Schobert, der auch das vorgestellte Stück fand.

Ryderia doris lebte flach eingraben im schlammigen Meeresboden. In Buttenheim ist die Muschel nicht selten, allerdings sind bei den meisten Stücken die fragilen, schlanken Rostren abgebrochen. Das schnabelartige Rostrum beherbergte zwei Siphonen, die über den Meeresboden ins Wasser hineinragten. Dort wo die Schale abgeplatzt ist, sind die Abdrücke der Kanäle, in denen die Siphonen lagen, gut zu sehen. Diese Siphonen dienten dem Ein- und Ausströmen von Atemwasser, das zu den Kiemen geführt wurde, sowie dem Abführen von Abfallprodukten. Die Muscheln hatten noch spezielle lappen- oder rüsselartige Organe, die so genannten Palpen, die nahrungsreichen Schlamm zuführten, von dem die Tiere sich ernährten – sie gehörten also der Gruppe Sediment fressenden Muscheln an, die im Meersboden lebten.

Muscheln sind Organismen mit zwei Schalenklappen, die über ein elastisches, organisches Band (Ligament) am Schalenrand verbunden sind. Dieses Ligament zwingt die Klappen passiv auseinander und öffnet also die Muschelschale. Das Schließen der Klappen erfolgt aktiv über Muskeln innerhalb der Klappen. Ligament und Muskeln zersetzen sich nach dem Tod des Tieres, so dass die Klappen getrennt werden. Beim vorliegenden Stück liegen beide Klappen nebeneinander. Diese Art der Erhaltung könnte bedeuten, dass die Lebensbedingungen sich verschlechterten (wohl wegen Sauerstoffmangels), so dass sich das Tier an die Sedimentoberfläche bewegte, wo es alsbald starb. Die Tatsache, dass beide Klappen beieinander blieben zeigt, dass es nach der Verwesung des Tiers keinen Transport der Schalen durch Meeresströmungen gab.

Ryderia doris ist aus dem Unteren Jura und der obersten Trias bekannt geworden und zwar aus Europa, Japan und China.

Das Faltblatt mit ausführlichen Informationen zum Fossil des Monats steht wie immer auf der Webseite der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und Geologie als PDF-Datei (1,3 MB) zum Download bereit.

Fossil des Monats ist eine regelmäßige Aktion des Paläontologischen Museums München. Hierbei werden jeden Monat besondere Fossilien aus dem Fundus der Staatssammlung ausgestellt und von Wissenschaftlern der Staatssammlung und dem Lehrstuhl Paläontologie und Geobiologie eingehend in Begleittexten und einem Faltblatt erläutert. Die Freunde der Bayerischen Staatssammlung für Geologie und Paläontologie München e.V. unterstützen diese Aktion.