Fossil des Monats Mai 2020

Riesen-Hirschferkel, Dorcabune anthracotheroides (Pilgrim, 1910)

Dorcabune anthracotheroides (Pilgrim, 1910), SNSB-BSPG 1956 II 2595

Neogen, Miozän (ca. 13 Mio. Jahre), Kali Nala, NW‘ Kanatti Chak, Pakistan

Länge-Höhe-Breite: 81-62-16 mm

Hirschferkel (wissenschaftlich Tragulidae) sind unter Laien in unseren Breiten wenig bekannte Säugetiere. Und das, obwohl fast jeder Zoo mindestens zwei Exemplare dieser zierlichen Paarhufer hält , deren natürliche Lebensräume ausschließlich in Süd- und Südostasien bzw. Zentralafrika liegen. Zehn lebende Arten sind bekannt. Wie der Name schon sagt, besitzen sie einerseits Merkmale, die den Schweinen, und andere, die den Hirschen und Antilopen ähneln. Zusätzlich haben sie aber auch ganz einzigartige Eigenschaften, die sie eindeutig als Hirschferkel kennzeichnen. Dazu zählt zum Beispiel die Form der Zähne.

Hirschferkel sind die älteste Gruppe unter den Wiederkäuern (Untergruppe der Paarhufer). Allerdings hat ihr Körperumriss eher Ähnlichkeit mit den Agutis, langbeinigen Nagetieren aus Mittel- und Südamerika. Dies dürfte mit ihrer geringen Körpergröße (Schulterhöhe 20 bis 40 cm, Gewicht 1,5 bis 13 kg) und den rundlichen Ohrmuscheln zusammenhängen. Der Asiatische Kleinkantschil ist nicht nur die kleinste Art unter den lebenden Hirschferkeln, sondern auch die kleinste Art unter den heutigen Paarhufern.

Auch viele Fossilien dieser Tiere sind bekannt. Die ältesten Funde von Hirschferkeln sind ca. 40 Mio. Jahre alt und stammen aus Thailand. Von dort aus haben sie sich über Eurasien und Afrika verbreitet. Der Höhepunkt ihrer Ausbreitung und ihres Artenreichtums lag in der Miozän-Zeit (ca. 18 bis 8 Mio. Jahre vor heute). Damals lebten bis zu fünf verschiedene Hirschferkelarten in einem Lebensraum. Im Gegensatz dazu kennt man in der heutigen Welt nur ein einziges Gebiet, das sich zwei Hirschferkelarten teilen.

Das größte bisher bekannte Hirschferkel aller Zeiten war das asiatische Dorcabune anthracotheroides. Nur wenige Fossilien dieser Art sind bisher bekannt. Darunter auch das Fossil des Monats, das Fragment eines rechten Unterkieferastes mit zwei Backenzähnen. Es gelangte über hauseigene Aufsammlungen während einer Pakistan-Expedition 1956 nach München an die Bayerische Staatssammlung für Paläontologie und Geologie. Aufgrund des Herkunftsgesteins und der Begleitfunde wissen wir, dass es mit weiteren Hirschferkelarten vor ca. 13 Mio. Jahren in den Flußauen und Wäldern des südlichen Vorlandbeckens des Himalayagebirges lebte. Anhand der Maße der Zähne lässt sich ein Körpergewicht von um die 100 kg rekonstruieren und entlarvt Dorcabune anthracotheroides damit als einen wahren Riesen unter den Hirschferkeln.

Das Faltblatt mit ausführlichen Informationen zum Fossil des Monats steht wie immer auf der Webseite der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und Geologie als PDF-Datei (854 KB) zum Download bereit.

Fossil des Monats ist eine regelmäßige Aktion des Paläontologischen Museums München. Hierbei werden jeden Monat besondere Fossilien aus dem Fundus der Staatssammlung ausgestellt und von Wissenschaftlern der Staatssammlung und dem Lehrstuhl Paläontologie und Geobiologie eingehend in Begleittexten und einem Faltblatt erläutert. Die Freunde der Bayerischen Staatssammlung für Geologie und Paläontologie München e.V. unterstützen diese Aktion.