Fossil des Monats August 2020
Ammonit mit Schneckenanhäufung
Asteroceras alamanicum Guérin-Franiatte, 1966 und Riselloidea sp.
SNSB-BSPG 2020 LII 1-11
Unterer Jura (ca. 195 Mio. Jahre), Arietenkalk-Formation, Lindach, nördl. von Schwäbisch Gmünd
Durchmesser des Ammoniten: 24 cm
Höhe der größten Schnecke: 2,5 cm
Bei Präparationsarbeiten an einem Ammoniten, der bei Lindach nördlich von Schwäbisch Gmünd gefunden wurde, fiel auf, dass in der Wohnkammer des Stückes etliche Schnecken lagen. Es wurden neun Gastropoden herauspräpariert und acht weitere in der Wohnkammer belassen, aber weitgehend freipräpariert. Es ist möglich, dass noch weitere Schnecken in der Wohnkammer vorhanden sind. Die Gastropoden sind bzw. waren in der Wohnkammer ungeregelt in einer Anhäufung angeordnet. Das 190 Millionen Jahre alte Stück stammt aus dem Arietenkalk. Der Ammonit mit der Schneckenanhäufung besitzt einen Kiel, der von zwei Furchen flankiert wird, wie es für die Familie Arietitidae typisch ist. Die Windungen tragen kräftige Rippen. Die erhaltene Wohnkammer umfasst etwa eine halbe Windung.
Die Schnecken gehören einer einzigen Art an, die allerdings sehr variabel ist. Die Art ist vermutlich noch unbeschrieben. Bemerkenswert ist der ontogenetische Wandel der Schneckenschalen von deutlich berippt und gewinkelt an der Spitze zu glatten und gerundeten späten Windungen. Die Merkmale zeigen, dass es sich um einen Vertreter der Trochus-artigen Familie Eucyclidae handelt.
Es gibt zwei Möglichkeiten, wie die Schneckenanhäufung in der Wohnkammer des Ammoniten zu erklären ist:
1) Die Schnecken suchten zu Lebzeiten Schutz in der leeren Wohnkammer der Ammonitenschale oder sie suchten diese als Aasfresser auf, um den Ammonitenkadaver zu fressen;
2) die Schneckengehäuse wurden nach dem Tod der Tiere in die Wohnkammer eingeschwemmt.
Für die erste Annahme könnte die relativ große Anzahl der Schnecken sprechen und die Tatsache, dass sie eine einzige Art repräsentieren. Auch die gute Erhaltung der Schneckenschalen und die Position weit hinten in der Wohnkammer würden eher gegen ein Einschwemmen sprechen. Allerdings ist der Kalk, der den Ammoniten füllt, reich an anderen Fossilbruchstücken und dies spricht dafür, dass auch die Schnecken eingeschwemmt wurden. Die gute Erhaltung der Schneckenschalen mag dem Schutz, den die Wohnkammer des Ammoniten bot geschuldet sein. Das Vorkommen ist auch deswegen bemerkenswert, weil aus dem diesem Zeitabschnitt (Sinemurium) Süddeutschlands vergleichsweise wenige Berichte über Schnecken vorliegen.
Das Faltblatt mit ausführlichen Informationen zum Fossil des Monats steht wie immer auf der Webseite der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und Geologie als PDF-Datei (401 kB) zum Download bereit.
Fossil des Monats ist eine regelmäßige Aktion des Paläontologischen Museums München. Hierbei werden jeden Monat besondere Fossilien aus dem Fundus der Staatssammlung ausgestellt und von Wissenschaftlern der Staatssammlung und dem Lehrstuhl Paläontologie und Geobiologie eingehend in Begleittexten und einem Faltblatt erläutert. Die Freunde der Bayerischen Staatssammlung für Geologie und Paläontologie München e.V. unterstützen diese Aktion.