Fossil des Monats Oktober 2020

Knospenstrahler

Pentremitidea medusa Jaekel, 1895, SNSB-BSPG 1958 XV 500

Unter-Devon (ca. 407 Millionen Jahre), Hunsrückschiefer, Kaub-Formation, Bundenbach/Hunsrück, Rheinland-Pfalz, Deutschland

Länge: 12 cm

Die zu den ausschließlich meeresbewohnenden Stachelhäutern (Echinodermata) gehörenden Knospenstrahler (Blastoidea) sind seit dem späten Ordovizium (ca. 455 Millionen Jahre vor heute) im Fossilbericht vertreten und, nach mehreren Blütezeiten im späten Erdaltertum, im Perm (vor 257 Millionen Jahren) ausgestorben.

Die Blastoideen besaßen eine auf einem mehr oder minder langem Stiel sitzende Körperkapsel (Theka), die aus rund 20 einzelnen Kalkplättchen bestand und dadurch einen starren Panzer bildete. Ein sogenanntes Hydrospiren-System, das wohl zur Atmung notwendig war, ist charakteristisch für alle Blastoideen. Dieses war innerhalb der Körperkapsel ausgebildet und nur durch kleine Öffnungen mit der Außenwelt verbunden.

An der Theka waren zahlreiche, zweiseitig ausgebildete, sehr lange, armähnliche Brachiolen befestigt, die zur Nahrungsaufnahme dienten. Vergleichbar den verwandten Seelilien und Haarsternen (Crinoidea) waren die Knospenstrahler mit ihrem Stiel ständig am/im Meeresboden verankert oder festgewachsen (sessil). Sie filterten, unter Zuhilfenahme der Brachiolen/Arme, mikroskopisch kleine Nahrungspartikel (Plankton) aus dem umgebenden Meerwasser. Die Partikel wurden dabei durch Rinnen an der Innenseite der Brachiolen zu der im Thekenzentrum befindlichen Mundöffnung transportiert.

Unser Fossil des Monats Oktober 2020 stammt aus dem für seine vorzüglich erhaltenen Fossilien (insbesondere Stachelhäuter) weltweit bekannten unterdevonischen Hunsrückschiefer. Die beiden ausgewachsenen Exemplare von Pentremitidea medusa zeichnen sich durch die typische hochkonische Kelchform und den mehr als 100 fast fadenförmig erscheinenden Brachiolen/Armen aus. Letztere gaben der Art („medusenförmig/-artig“) auch ihren Namen. Gut erkennbar ist ebenso die für den Hunsrückschiefer typische sekundäre Pyritisierung aller Fossilien – d. h. sie liegen nicht mehr in ihrer ursprünglichen Substanz sondern in Eisenbisulfid (FeS2) vor, weshalb sie auch leicht in Röntgenbildern sichtbar gemacht werden können.

Wie alle Stachelhäuter zerfallen auch Blastoideen nach dem Tod sehr schnell in ihre Einzelteile – nur die kompakte Körperkapsel bleibt oft im Zusammenhang erhalten. Aus diesem Grunde sind artikuliert erhaltene Blastoideen weltweit sehr selten und nur von sehr wenigen Fundstellen bekannt. Zum Zeitpunkt der ersten Beschreibung von Pentremitidea medusa (von Otto Jaekel im Jahre 1895) war dies der einzige in Zusammenhang befindliche Fund eines Knospenstrahlers aus Europa, was die Bedeutung des Hunsrückschiefers als wichtige Fossillagerstätte unterstreicht.

Das Faltblatt mit ausführlichen Informationen zum Fossil des Monats steht wie immer auf der Webseite der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und Geologie als PDF-Datei (349 kB) zum Download bereit.

Fossil des Monats ist eine regelmäßige Aktion des Paläontologischen Museums München. Hierbei werden jeden Monat besondere Fossilien aus dem Fundus der Staatssammlung ausgestellt und von Wissenschaftlern der Staatssammlung und dem Lehrstuhl Paläontologie und Geobiologie eingehend in Begleittexten und einem Faltblatt erläutert. Die Freunde der Bayerischen Staatssammlung für Geologie und Paläontologie München e.V. unterstützen diese Aktion.