Fossil des Monats Oktober 2021

Stammscheibe eines seltenen Samenfarns

Hermanophyton kirkbyorum ARNOLD, SNSB-BSPG 1992 I 70

Oberer Jura (ca. 150 Millionen Jahre), Morrison-Formation, Utah (U.S.A.)

Die Gattung Hermanophyton gehört zu einer kleinen Gruppe vermutlich nacktsamiger Pflanzen (Gymnospermen), die ausschließlich im nordamerikanischen und europäischen Mesozoikum (Jura, Kreide) vorkamen. Hermanophyton stellt bis heute ein Rätsel dar, da man die Blätter, Wurzeln und Reproduktionsorgane dieser Pflanzen nicht kennt und daher eine systematische Zuordnung schwierig ist. Da die Stämme zwar sehr lang werden konnten (das längste Exemplar ist 10 m lang), aber nur selten Stücke mit mehr als 10 cm Durchmesser gefunden werden, hat man vermutet, dass zumindest einige Arten Lianen gewesen sind.

Als Fossil des Monats zeigt das Paläontologische Museum eine Scheibe eines sehr kleinen Hermanophyton-Stamms, vielleicht eher eines Astes. Trotz seiner geringen Größe zeigt das Stück sehr gut den charakteristischen Bau aller Hermanophyton-Stämme, den es so bei keiner anderen Pflanzengruppe gibt. Der Stamm besteht aus keilförmigen Holz-Segmenten, die radial um ein zentrales Mark angeordnet und gegeneinander durch breite Zwischenräume aus unverholzten Zellen (Holzstrahlen) abgegrenzt sind. Umgeben wird das Holz von einer mächtigen Rinde aus dünnwandigen Zellen und Fasern. Das Abschlussgewebe besteht aus abgestorbenen, dickwandigen Zellen, und kann vielleicht am ehesten mit der Borke heutiger Bäume verglichen werden.

Aufgrund einiger Merkmale kann man Hermanophyton am ehesten mit fossilen Stämmen vom Typ Rhexoxylon vergleichen und in die Nähe der Corystospermales stellen. Die Corystospermales sind eine Gruppe überwiegend mesozoischer Samenfarne (Pteridospermen), die weltweit verbreitet war und zu der neben den anatomisch erhaltenen Stämmen auch so bekannte Blattformen wie Dicroidium und Pachypteris sowie die samentragende Struktur Umkomasia und das Pollenorgan Pteruchus gehören. Rhexoxylon-Stämme sind allerdings bislang nur aus der Südhemisphäre bekannt, und die systematische Stellung der Corystospermales ist ihrerseits auch nicht gesichert. Im weitesten Sinne sind die Corystospermales wohl in der Verwandtschaft der Zykadeen (Palmfarne) oder Bennettiteen (Blumenpalmfarne) angesiedelt.

Michael Krings, München

Abbildungen:

Abbildung 1 (oben): Hermanophyton kirkbyorum ARNOLD, Stämmchen im Querschnitt. Durchmesser: ca. 3,5 cm. Foto: SNSB-BSPG.

Abbildung 2 (unten): Ausschnitt aus einem Holz-Segment. Man erkennt die regelmäßig angeordneten Zellen des Holzes sowie mehrere dünne Holzstrahlen als dunkle Linien. Foto: SNSB-BSPG.

Das Faltblatt mit ausführlichen Informationen zum Fossil des Monats steht wie immer auf der Webseite der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und Geologie als PDF-Datei (304 kB) zum Download bereit.

Fossil des Monats ist eine regelmäßige Aktion des Paläontologischen Museums München. Hierbei werden jeden Monat besondere Fossilien aus dem Fundus der Staatssammlung ausgestellt und von Wissenschaftlern der Staatssammlung und dem Lehrstuhl Paläontologie und Geobiologie eingehend in Begleittexten und einem Faltblatt erläutert. Die Freunde der Bayerischen Staatssammlung für Geologie und Paläontologie München e.V. unterstützen diese Aktion.