Fossil des Monats November 2022

Wollhaarmammut von Taimering

Mammuthus primigenius (BLUMENBACH, 1799), rechter Mittelfußknochen

SNSB-BSPG 2020 XCII 19

Quartär (Jungpleistozän), Würm-Kaltzeit, ca. 22.700 Jahre alt, Taimering, südwestl. Regensburg, Bayern, Deutschland

Länge 140 mm, Höhe 85 mm, Breite 75 mm

Die jungpleistozäne Mammutsteppe war ein gewaltiges baumloses Ökosystem in Eurasien, das während der Hochphase der letzten Kaltzeit (von 24.500 – 18.000 Jahren vor heute) zwischen dem nördlichen Eisschild und der südlichen Gebirgsvergletscherung lag. Seine nährstoffreiche Kräuter-Vegetation war einzigartig und ernährte eine Vielzahl an großen Säugetieren, wovon viele in stattlichen Herden lebten. Die größten Pflanzenfresser waren die Wollhaarmammute.

Insbesondere ihre Fossilien zeugen heute von diesem besonderen verloren gegangenen Habitat. So auch die, die im März 2020, kurz nach Beginn des ersten Corona-Lockdowns, in Taimering, Gemeinde Riekofen, SW‘ von Regensburg geborgen wurden. Bei Abrissarbeiten entdeckten Mitarbeitende des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege zunächst einen fast 2,5 m langen, spiralig verdrehten Stoßzahn, der Mammuthus primigenius zugeordnet werden konnte. In der Nähe lagen außerdem noch über 80 große Knochen und Bruchstücke. Alle Fundstücke waren in eiszeitliche Überflutungssedimente südlicher Zuflussgewässer der Donau eingebettet.

Nach der Bergung wurden die Fundstücke zur Archivierung, Präparation und wissenschaftlichen Untersuchung der Staatssammlung übergeben. Es stellte sich heraus, dass ca. 60 Knochen repräsentiert sind, die ausschließlich vom Skelett eines sehr großen, aber noch nicht ausgewachsenen M. primigenius-Individuums mit ca. 3 m Schulterhöhe stammen, wie auch der besonders lange Stoßzahn. Die Entdeckung dieses Teilskeletts ist wissenschaftlich herausragend, da Skelettfunde von Mammuthus primigenius in unseren Breiten äußerst selten sind. Zuletzt wurde 1975 das Skelett von Siegsdorf entdeckt.

Das Wollhaarmammut von Taimering kam vermutlich nicht weit von oder sogar direkt an der Fundstelle zu Tode. Die bis ins Detail unversehrt erhalten gebliebenen Knochenoberflächen schließen sowohl einen längeren Transport im Wasser als auch eine Zerlegung durch Raubtiere aus. Warum allerdings von den über 200 Knochen eines vollständigen Skeletts mit wenigen Ausnahmen vor allem die des Brustkorbs sowie der Hände und Füße überliefert sind, wirft Fragen auf.

Eine Antwort könnte das geologische Alter des Skeletts geben, das die Curt-Engelhorn-Zentrum Archäometrie GmbH an den Reiss-Engelhorn-Museen in Mannheim, mit Hilfe der ¹⁴C-Methode, auf ca. 22.700 Jahre datieren konnte. Zu dieser Zeit, im letzten Hochglazial, war auch der anatomisch moderne Mensch im Nordosten Bayerns Zeitgenosse des Wollhaarmammuts und könnte Teile des Kadavers verschleppt haben. Ob es sich dabei um eine haltbare Hypothese handelt, werden die laufenden Untersuchungen zeigen.

Das Fossil des Monats ist der rechte Mittelfußknochen des dritten Zehenstrahls des Wollhaarmammuts von Taimering und steht exemplarisch für den gesamten Fund. Er zeigt die typisch hellbraune Farbe dieser Knochen und auch die detailliert erhaltene Oberfläche.

Besonderer Dank gilt M. Gerl und P. Gedak, Taimering, für die Überlassung dieses außergewöhnlichen Fundes.

Gertrud E. Rössner & C. Kevrekidis, München; C. Steinmann, Regensburg; W. Rosendahl, Mannheim

Abbildung:

Rechter Mittelfussknochen des dritten Zehenstrahls von Mammuthus primigenius (BLUMENBACH, 1799) aus Taimering bei Regensburg, SNSB-BSPG 2020 XCII 19, Länge 140 mm, Höhe 85 mm, Breite 75 mm. Foto: SNSB-BSPG/M. Schellenberger.

Das Faltblatt mit ausführlichen Informationen zum Fossil des Monats steht wie immer auf der Webseite der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und Geologie als PDF-Datei zum Download (1,5 MB) bereit.

Fossil des Monats ist eine regelmäßige Aktion des Paläontologischen Museums München. Hierbei werden jeden Monat besondere Fossilien aus dem Fundus der Staatssammlung ausgestellt und von Wissenschaftlern der Staatssammlung und dem Lehrstuhl Paläontologie und Geobiologie eingehend in Begleittexten und einem Faltblatt erläutert. Die Freunde der Bayerischen Staatssammlung für Geologie und Paläontologie München e.V. unterstützen diese Aktion.