Fossil des Monats März 2023
Moostierchen (Bryozoa)
Fenestella sp.,
SNSB-BSPG 1971 I 106
Devon, ca. 360–420 Millionen Jahre alt, Tasmanien, Australien
Moostierchen, auch unter dem Namen Bryozoa bekannt, sind aquatische, vielzellige Organismen. Die Einzeltiere sind oft mikroskopisch klein, wenn sie allerdings in Kolonien auftreten, formen sie oft gut erkennbare flächige Strukturen. Es gibt sie als aufrechte, freistehende Formen (v.a. bei frühen Fossilien verbreitet) oder als Aufwuchs auf Steinen oder anderen Organismen. Die Gruppe der Moostierchen existiert mindestens seit dem frühen Ordovizium, also seit etwa 470 Millionen Jahre. Auch heute kommen sie noch in Gewässern vor, sowohl in den Ozeanen als auch Süßgewässern. Im Fossilbefund werden Bryozoen auch herangezogen, um Aussagen über das Habitat zu machen, z.B. was Temperatur, Salinität, Wasserenergie, Tiefe und Substratbeschaffenheit angeht.
Die ausgestorbene Ordnung der Fenestrida, die auch die Gattung Fenestella enthält, war mit über 2800 Arten eine der artenreichsten Gruppen im Paläozoikum und Mesozoikum. Sie starb am Ende der Kreidezeit aus. Die Gattung Fenestella – was soviel bedeutet wie »kleines Fenster« – war besonders im Zeitalter des Karbons sehr divers und weit verbreitet. Fenestella bildet fächerförmige, netzartige Kolonien und setzt sich oft aus mehreren hundert oder tausenden Individuen zusammen. Die Kolonien bestehen aus steifen Ästen, die durch Querbalken (auch Dissepimente genannt) miteinander verbunden sind. Auf beiden Seiten der kleinen, in etwa rechteckigen bis elliptischen Öffnungen sitzen zwischen zwei und acht Einzeltiere. Beim Absterben hinterlassen sie Reihen von kleinen Poren, die allerdings nur bei gut erhaltenen Stücken zu sehen sind. Die Zweige spalten sich von Zeit zu Zeit, wodurch das fächerförmige Aussehen der Kolonie erzeugt wird. Die Innenstruktur der Zweige ist für die Bestimmung von Gattungen und Arten in der Gruppe besonders wichtig, was die Zuordnung oft erschwert, da selten perfekt erhaltene Stücke zu finden sind. Für Fenestella charakteristisch sind relativ feingliedrige Kolonien mit großen Öffnungen und breiten Dissepimenten.
Das hier ausgestellte Stück aus dem Devon von Tasmanien zeigt die »Negative« der Kolonien – das heißt die mit Sediment ausgefüllten Öffnungen. Das Sediment versteinerte mit der Zeit, während das ursprüngliche Material der Kolonien (Kalziumkarbonat) nicht erhalten blieb.
Thomas A. Neubauer, München
Abbildungen:
Abb. 1: Gesteinsplatte mit rostbraunen Resten der Bryozoe Fenestella sp., Inv.-Nr. SNSB-BSPG 1971 I 106. Breite der Platte: ca. 10 cm. Foto: SNSB-BSPG/M. Schellenberger.
Abb. 2: Schematische Darstellung einer fenestraten Bryozoe. Zeichnung von Mary Williams (Chicago Field Museum). © The Field Museum – CC BY-NC
Das Faltblatt mit ausführlichen Informationen zum Fossil des Monats steht wie immer auf der Webseite der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und Geologie als PDF-Datei zum Download (399 kB) bereit.
Fossil des Monats ist eine regelmäßige Aktion des Paläontologischen Museums München. Hierbei werden jeden Monat besondere Fossilien aus dem Fundus der Staatssammlung ausgestellt und von Wissenschaftlern der Staatssammlung und dem Lehrstuhl Paläontologie und Geobiologie eingehend in Begleittexten und einem Faltblatt erläutert. Die Freunde der Bayerischen Staatssammlung für Geologie und Paläontologie München e.V. unterstützen diese Aktion.