Fossil des Monats Juli 2024

Brachiopode

Wattonithyris sp.

SNSB-BSPG 2020 XCVI 160

Mittel-Jura: Bathonium, ca. 168 Millionen Jahre alt, Sengenthal/Ofr., Durchmesser: 5 cm.

Mit ihrem zweischaligen Gehäuse ähneln Brachiopoden (»Armfüßer«) auf den ersten Blick den Muscheln (Bivalvia), zu denen sie allerdings in keiner verwandtschaftlichen Beziehung stehen. Sie gehören vielmehr zur Gruppe der Lophophoraten. Kennzeichnendes Merkmal sind die sogenannten Mundarme (Lophophore) im Schaleninneren, die als paarige Körperfortsätze links und rechts vom Mund stehen und 1-2 Reihen wimpernbesetzter Tentakel tragen. Die Mundarme vieler Brachiopoden werden durch ein kalkiges Armgerüst gestützt, welches in Form einer Spange, einer Schleife oder einer Spirale ausgebildet sein kann. Die zwei Schalenhälften (Klappen) umgeben den Weichkörper als hornig-phosphatisches oder kalkiges (kalzitisches) Exoskelett. Aus der unteren, meist etwas größeren Klappe ragt ein fleischiger Stiel, mit dem sich die Brachiopoden am Substrat festheften. Die meisten Brachiopoden leben auf dem Sediment, manche auch im Sediment. Einige Formen zementieren auf hartem Untergrund. In seltenen (fossilen) Fällen bilden sie sogar kleinere Riffstrukturen.

Brachiopoden sind seit dem Kambrium bekannt und hatten ihre maximale Verbreitung im Erdaltertum (Paläozoikum). Das Perm/Trias-Massenaussterben dezimierte die Brachiopoden, zusätzlich wirkte sich in der weiteren Entwicklung der Konkurrenzdruck der Muscheln negativ auf ihre Verbreitung aus. Demzufolge sind sie heute eher selten. Etwa 300 lebenden Gattungen stehen über 3000 fossile gegenüber, was die große Bedeutung der Brachiopoden in der Paläontologie unterstreicht.

Das Fossil des Monats Wattonithyris sp. gehört zur Großgruppe der Terebrateln, die sich durch glatte Schalen und schleifenförmige Armgerüste auszeichnen. Typisch ist auch die kreisrunde Öffnung in der größeren Klappe, aus der beim lebenden Tier der fleischige Stiel heraus trat zur Befestigung des Tieres am Untergrund.

Infolge eines Meeresspiegelanstiegs und der damit einhergehenden Überflutung des Vindelizischen Landes öffnete sich im Mittel-Jura das süddeutsche Meeresbecken auf breiter Front zum Urmittelmeer, der Tethys. In Mitteleuropa breitete sich weiterhin ein flaches Meer aus, in dem sich zwischen den festländischen Bereichen, wie dem Brabanter Massiv, der Rheinischen und der Böhmischen Masse, starke Strömungen entwickelten. In Küstennähe kam es dadurch zu Wellenbildung, die wiederum die Entstehung von kleinen eiförmigen Kügelchen (Ooide) begünstigte. Heute bilden sich solche Strukturen beispielsweise auf den Bahamas oder im Persischen Golf. Ein hoher Eiseneintrag vom Land führte dazu, dass es im Mitteljura vor allem zur Bildung von Eisenoiden kam. Der Eisengehalt in den Sedimenten des mittleren Jura ist verantwortlich für deren oftmals braune oder braunrote Farbe, weshalb der mittlere Jura auch als »Brauner Jura« bezeichnet wird. Das Eisen stammt aus Verwitterungsprodukten des umgebenden Festlandes, auf dem sich unter tropischen Bedingungen Lateritböden bildeten. Das darin enthaltene Eisen wurde in die Küstengewässer geschwemmt, wo es in Form von Limonit (Brauneisenstein) in die sich bildenden Ooide eingebaut wurde. Dem Fossil des Monats haftet noch ein Sedimentbrocken an, in dem man man gut die rostbraunen Kügelchen erkennen kann.

Martin Nose, München

Literatur

  • Schmidt-Kaler et al. (1992): Sulzkirchen und Sengenthal – zwei berühmte Fossilfundstellen am Rande der Frankenalb. – Wanderungen in die Erdgeschichte, 4, 112 S., Pfeil-Verlag (München).
  • Meschede, M. (2015): Geologie Deutschlands – ein prozessorientierter Ansatz. – 249 S., Springer Verlag (Berlin, Heidelberg).

Das Faltblatt mit ausführlichen Informationen zum Fossil des Monats steht wie immer auf der Webseite der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und Geologie als PDF-Datei zum Download (131 kB) bereit.

Fossil des Monats ist eine regelmäßige Aktion des Paläontologischen Museums München. Hierbei werden jeden Monat besondere Fossilien aus dem Fundus der Staatssammlung ausgestellt und von Wissenschaftlern der Staatssammlung und dem Lehrstuhl Paläontologie und Geobiologie eingehend in Begleittexten und einem Faltblatt erläutert. Die Freunde der Bayerischen Staatssammlung für Geologie und Paläontologie München e.V. unterstützen diese Aktion.