Fossil des Monats August 2024

Hauerelefant

Deinotherium giganteum KAUP, 1829

SNSB-BSPG 1970 XII 2

Oberer Backenzahn; Neogen: Mittel/Ober-Miozän, ca. 11 Millionen Jahre alt, Ebing (Waldkraiburg), Landkreis Mühldorf (Oberbayern), L x B x H – 85 x 90 x 120 mm.

1968 fand Hobbyangler H. Kretschmann aus München die Stoßzahnspitze eines riesigen Hauerelefanten der Art Deinotherium giganteum am Ufer des Inn bei Ebing und überließ ihn der Staatssammlung. Im Oktober 1970 meldete er, dass der Inn weitere fossile Zähne und Knochenbruchstücke an der gleichen Stelle freigelegt hatte. Bei der Bergung der Fossilien durch die Staatssammlung stellte sich heraus, dass dies Fragmente eines Schädels waren, zu welchem auch die Stoßzahnspitze von 1968 gehörte. Neben dem Rest des Stoßzahns, konnten nun auch große Teile eines Unterkieferastes, der zweite Stoßzahn sowie viele Backenzähne aus Unter- und Oberkiefer des Hauerelefanten-Individuums geborgen werden. Aus dieser Fundserie stammt das Fossil des Monats.

Hauerelefanten (wissenschaftlicher Name Deinotheriidae) waren, auch wenn der Name es annehmen lässt, keine Elefanten. Wie die Elefanten (wissenschaftlicher Name Elephantidae, bestehend aus Afrikanischem Elefant, Waldelefant, Indischem Elefant, †Wollhaarmammut und anderen ausgestorbenen Gattungen) waren sie groß und hatten säulenförmige Beine, einen Rüssel und Stoßzähne. Wie die Elefanten zählen die Deinotherien zur Großgruppe der Rüsseltiere (wissenschaftlicher Name Proboscidea). Doch haben sie sich schon sehr früh in der Evolution der Gruppe von den anderen Entwicklungslinien abgespalten und ganz eigenständig entwickelt. Sie besaßen eine Körperstatur mit horizontaler Rückenlinie und einem relativ langen Hals sowie einem vergleichsweise flachen Schädel. Ihre Backenzähne unterscheiden sich deutlich von denen der Elefanten und sie trugen nur im Unterkiefer ein Paar Stoßzähne, die nach unten und hinten gekrümmt waren. Das hauerartige Aussehen der Deinotherium-Stoßzähne war namengebend für die umgangssprachliche Bezeichnung dieser Tiere.

Die Deinotheriiden wanderten im Miozän, zwischen 19,5 und 17,5 Millionen Jahren, aus Afrika nach Eurasien ein. Mit zunehmender Klimaabkühlung verschwanden sie vor etwa 4-3 Millionen Jahren aus Eurasien wieder und starben endgültig in Afrika vor etwa 1 Million Jahre aus. Im Laufe ihrer Evolution nahm die Körpergröße von unter 1 m Schulterhöhe auf über 4 m zu, womit sie größer wurden als das heute größte landlebende Tier, der afrikanische Elefant, und damit zur Gruppe der größten landlebenden Tiere, die jemals auf der Erde existiert haben, gehören.

In Bayern sind die Deinotherien von ca. 17 bis 11 Millionen Jahre vor heute mit drei nacheinander auftretenden Arten nachgewiesen. Bei den meisten Belegen handelt es sich um isolierte Knochen und Zähne. Partielle und nahezu vollständige Skelette sind extrem selten. Sie lebten in den damaligen Laubwäldern des Voralpenlandes und teilten sich ihren Lebensraum mit mindestens zwei weiteren Rüsseltierarten. Das Fossil des Monats gehört der Art Deinotherium giganteum an und ist der bisher jüngste Nachweis der Hauerelefanten in Bayern. Die zugehörigen Unterkieferreste lassen auf eine Schädellänge von mindestens 1 m schließen.

Gertrud E. Rössner, München

Abbildungen

Abb. 1: Oberer Backenzahn von Deinotherium giganteum KAUP, 1829. L x B x H 85 x 90 x 120 mm; Inv.-Nr. SNSB-BSPG 1970 XII 2. Foto: SNSB-BSPG/M. Schellenberger.

Abb. 2: Miozäne Landschaft des Alpenvorlandes mit verschiedenen Rüsseltieren und dem Krokodil Diplocynodon. Im Vordergrund eine Gruppe des Urelefanten Gomphotherium, rechts im Hintergrund der Hauerelefant Deinotherium. Gemälde von Wenzel Balat, München.

Das Faltblatt mit ausführlichen Informationen zum Fossil des Monats steht wie immer auf der Webseite der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und Geologie als PDF-Datei zum Download (159 kB) bereit.

Fossil des Monats ist eine regelmäßige Aktion des Paläontologischen Museums München. Hierbei werden jeden Monat besondere Fossilien aus dem Fundus der Staatssammlung ausgestellt und von Wissenschaftlern der Staatssammlung und dem Lehrstuhl Paläontologie und Geobiologie eingehend in Begleittexten und einem Faltblatt erläutert. Die Freunde der Bayerischen Staatssammlung für Geologie und Paläontologie München e.V. unterstützen diese Aktion.