Fossil des Monats Oktober 2024
Astsystem einer Progymnosperme
Aneurophyton germanicum KRÄUSEL & WEYLAND
SNSB-BSPG 1971 XVII
Mitteldevon (Givet, ca. 385 Millionen Jahre)
Obere Honseler Schichten, Steinbruch am Kirberg, Wuppertal-Elberfeld, NRW
Nachdem sich im Unterdevon die Höheren Pflanzen (Gefäßpflanzen) auf den Festländern etabliert hatten und damit anfingen, größer und schlussendlich Bäume zu werden, entstanden sehr bald bereits die noch heute existierenden großen Gruppen der Gefäßsporenpflanzen, z.B. die Bärlappgewächse und Schachtelhalme. Wenig später traten auch die ersten Samenpflanzen auf. Der Weg dorthin führte über eine Reihe von eigenartigen Pflanzen, die es heute alle nicht mehr gibt, die jedoch im Laufe der Erdgeschichte wichtige, zum Teil waldbildende Elemente der Floren gewesen sind, und deren Reste sich als Fossilien vielerorts erhalten haben.
Zu diesen eigenartigen Pflanzen gehören die Progymnospermen, die keine Samenpflanzen waren, weil sie keine Samen (sondern Sporen) produzierten, die aber aufgrund ihrer holzigen Stämme und Holzmerkmale eindeutig eine evolutionäre Stufe erreicht hatten, die nicht weit von den Nacktsamern (Gymnospermen) entfernt war. Die Progymnospermen traten im Mitteldevon (vor ca. 390 Millionen Jahren) erstmals auf und verschwanden wieder am Ende des unteren Karbons (vor ca. 325 Millionen Jahren). Sie waren Sträucher, Bäume oder Lianen, deren Stämme verzweigte Astsysteme trugen, an denen kleine Endästchen oder flächige, blattartige Strukturen saßen.
Die ältesten Progymnospermen sind die Aneurophytales. Ein wichtiger Vertreter dieser Gruppe ist Aneurophyton germanicum, die namengebende Art der Ordnung und unser Fossil des Monats, die aus dem Mittel- und Oberdevon Europas und Nordamerikas bekannt ist. Rekonstruktionen zeigen die Pflanze als einen farnähnlichen Baum, der aber keine flächigen Wedel oder Blätter besaß, sondern mehrfach und in drei Richtungen (dreidimensional) verzweigte, am Stamm spiralig angeordnete Astsysteme mit kurzen, gegabelten Endästchen. Da die Astsysteme dieselbe Funktion hatten wie Blätter, werden sie manchmal als Raumwedel oder Raumblätter bezeichnet. Das Fossil des Monats zeigt einen Teil eines solchen Astsystems. Das Stück stammt aus dem ehemaligen Steinbruch am Kirberg in Wuppertal-Elberfeld. Dort hatte der Kölner Geologe und Paläobotaniker Hermann Weyland bereits in den 1920er Jahren eine formenreiche Mitteldevonflora entdeckt und hernach mit seinem Frankfurter Kollegen Richard Kräusel wissenschaftlich beschrieben.
Michael Krings, München
Abbildung
links: Astsystem einer Progymnosperme Aneurophyton germanicum KRÄUSEL & WEYLAND
Mitteldevon (Givetium), ca. 385 Millionen Jahre, Obere Honseler Schichten, Steinbruch am Kirberg, Wuppertal-Elberfeld, NRW; Länge der Platte ca. 28 cm, Inv.-Nr. SNSB-BSPG 1971 XVII; Länge der Platte: ca. 28 cm. Foto: SNSB-BSPG/M. Schellenberger.
rechts: Rekonstruktion von Aneurophyton germanicum (nach KRÄUSEL & WEYLAND, 1926).
Das Faltblatt mit ausführlichen Informationen zum Fossil des Monats steht wie immer auf der Webseite der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und Geologie als PDF-Datei zum Download (140 kB) bereit.
Fossil des Monats ist eine regelmäßige Aktion des Paläontologischen Museums München. Hierbei werden jeden Monat besondere Fossilien aus dem Fundus der Staatssammlung ausgestellt und von Wissenschaftlern der Staatssammlung und dem Lehrstuhl Paläontologie und Geobiologie eingehend in Begleittexten und einem Faltblatt erläutert. Die Freunde der Bayerischen Staatssammlung für Geologie und Paläontologie München e.V. unterstützen diese Aktion.