Fossil des Monats März 2025
Meeresschildkröte
Palaeomedusa testa VON MEYER
SNSB-BSPG AS I 818
Oberer Jura (ca. 150 Millionen Jahre), Kelheim, südwestl. Regensburg, Niederbayern
Die Schildkröten (Testudinata) sind eine altertümliche Gruppe der Reptilien, die erstmals zur Zeit der oberen Trias, vor etwa 230 Millionen Jahren aufkam. Ihre Verwandtschaft mit anderen Gruppen der Reptilien war lange Zeit umstritten. Während man früher annahm, dass die Schildkröten Überlebende einer ansonsten ausgestorbenen Gruppe einer sehr ursprünglichen Gruppe der Reptilien, den sogenannten Parareptilien, darstellen, werden sie heute eher in die Verwandtschaft der Archosaurier (Krokodile und Vögel) gestellt. Grund für diese Unsicherheit ist der äußerst ungewöhnliche Bauplan der Schildkröten, bei dem praktisch der gesamte Körper, inklusive des Schulter- und Beckengürtels, von einem Panzer umschlossen ist, der zum Teil aus den Rippen besteht, während bei anderen Landwirbeltieren die Rippen unter dem Schultergürtel liegen.
Erst in den letzten 25 Jahren haben neue Funde von Übergangsformen aus dem Fossilbericht sowie molekulargenetische Studien helfen können, die Frage des Ursprungs der Schildkröten zu klären.Obwohl es derzeit nur etwa 360 Arten von Schildkröten gibt, sind sie aufgrund ihrer langen Evolutionsgeschichte eine sowohl anatomisch als auch ökologisch sehr vielfältige Gruppe. Alle heutigen Vertreter der Gruppe gehören einer von zwei großen Untergruppen an, den Cryptodira (Halsberger, die den Kopf nach hinten unter den Panzer zurückziehen können) oder Pleurodira (Halswender, die den Kopf durch eine seitliche Beugung des Halses unter den Panzer bewegen können). Zu den Cryptodira gehören die heute einzigen völlig an das Leben im Meer angepassten Reptilien, die Chelonioidea (Lederschildkröten und echte Meeresschildkröten, wie etwa die Karettschildkröte).
In der Evolution der Schildkröten gab es jedoch mehrere Gruppen, die sich an das Leben im Meer angepasst haben, darunter die Thalassochelidia der Jurazeit, zu denen Palaeomedusagehört. Diese Schildkröten stehen noch außerhalb der Zweiteilung der modernen Vertreter in Cryptodira und Pleurodira und starben bereits am Ende der Jurazeit (vor etwa 145 Millionen Jahren) wieder aus. Ähnlich den heutigen Meeresschildkröten zeigen zumindest einige dieser Tiere eine Reduktion des knöchernen Panzers, aber ihre Vorder- und Hinterbeine sind nicht in Flossen umgewandelt. Trotzdem waren die Thalassochelidia offenbar eine erfolg- und artenreiche Gruppe, die in den subtropischen bis tropischen Flachmeeren am Nordrand des Urmittelmeeres (Tethys) lebten, so auch im Bereich der Solnhofener Plattenkalke, die heute im Altmühltal in Bayern anstehen.
Oliver Rauhut, München
Abbildung
Abb. 1: Skelett von Palaeomedusa testa, Inv.-Nr. SNSB-BSPG AS I 818, Foto: SNSB-BSPG/M. Schellenberger.
Das Faltblatt mit ausführlichen Informationen zum Fossil des Monats steht wie immer auf der Webseite der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und Geologie als PDF-Datei zum Download (141 kB) bereit.
Fossil des Monats ist eine regelmäßige Aktion des Paläontologischen Museums München. Hierbei werden jeden Monat besondere Fossilien aus dem Fundus der Staatssammlung ausgestellt und von Wissenschaftlern der Staatssammlung und dem Lehrstuhl Paläontologie und Geobiologie eingehend in Begleittexten und einem Faltblatt erläutert. Die Freunde der Bayerischen Staatssammlung für Geologie und Paläontologie München e.V. unterstützen diese Aktion.