Fossil des Monats April 2025

Mondkoralle

Diploctenium sp.

SNSB-BSPG 1997 XI 1071

Oberkreide (Santon, ca. 85 Millionen Jahre), Gosau-Gruppe, Neffgraben, Österreich

In der Oberkreide, vor etwa 85 Millionen Jahren, lagen Teile Österreichs unter einem warmen, subtropischen Meer. Inseln waren durch die bereits begonnene Bildung der Alpen entstanden und durchzogen das flache Gewässer. Organismen aus dieser Zeit wurden in der Gosau-Gruppe abgelagert und man findet ihre Fossilien heute unter anderem südöstlich von Salzburg. Beispielsweise lässt sich ein enormer Reichtum an Steinkorallenarten finden. Steinkorallen, wissenschaftlich bekannt unter dem Namen Scleractinia, entstanden in der Mittleren Trias vor etwa 240 Millionen Jahren und bilden heute die farbenprächtigen Korallenriffe in den Tropen. Typisch für diese Tiergruppe ist das Kalkskelett, das den tentakeltragenden Weichkörper, den sogenannten Polypen, umgibt. Es gibt solitäre Steinkorallen, die nur aus einem einzigen Polypen bestehen, oder koloniebildende Formen mit zahlreichen Polypen.

Eine besondere fossile Korallengattung aus der Gosau-Gruppe ist Diploctenium. Zu deutsch heißt diese Koralle Mondkoralle, da ihr Kalkskelett während einer bestimmten Wachstumsphase einer Mondsichel ähnelt. Das Wachstum von Diploctenium war sehr speziell und absolut einzigartig. Das Skelett wuchs zuerst ähnlich wie ein Fächer oben auseinander. In einem nächsten Schritt bogen sich die beiden seitlichen, immer weiter wachsenden Fortsätze nach unten um und glichen so einer Mondsichel. Da die Fortsätze immer weiter nach unten und nach innen gebogen wuchsen, trat zwangsläufig der Fall ein, dass sich die Spitzen der beiden Fortsätze trafen. Sie wuchsen dann entweder übereinander oder verschmolzen komplett miteinander und erreichen so das Aussehen eines Ringes. Unser hier ausgestelltes Fossil ist bereits komplett an beiden Spitzen verbunden. Die Enden überlappen sich um gut einen Zentimeter und sind miteinander verwachsen.

Die Lebensweise dieser Koralle ist bis heute noch nicht abschließend geklärt. Die Form des Kalkskelettes würde vermuten lassen, dass Diploctenium auf dem weichen Meeresboden liegend lebte. Allerdings wäre dann zu erwarten, dass Ober- und Unterseite verschieden gestaltet wären, was jedoch nicht der Fall ist. Ebenso lässt sich nicht mit Sicherheit sagen, ob Diploctenium eine solitäre oder eine koloniale Koralle war. Daher bleibt die mysteriöse Mondkoralle bis heute ein paläontologisches Rätsel.

Imelda M. Hausmann, München

Abbildung

Abb. 1: Mondkoralle Diploctenium sp., Durchmesser des Fossils: 7 cm, Inv.-Nr. SNSB-BSPG 1997 XI 1071, Foto: SNSB-BSPG/Imelda M. Hausmann & Manuela Schellenberger.

Das Faltblatt mit ausführlichen Informationen zum Fossil des Monats steht wie immer auf der Webseite der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und Geologie als PDF-Datei zum Download (130 kB) bereit.

Fossil des Monats ist eine regelmäßige Aktion des Paläontologischen Museums München. Hierbei werden jeden Monat besondere Fossilien aus dem Fundus der Staatssammlung ausgestellt und von Wissenschaftlern der Staatssammlung und dem Lehrstuhl Paläontologie und Geobiologie eingehend in Begleittexten und einem Faltblatt erläutert. Die Freunde der Bayerischen Staatssammlung für Geologie und Paläontologie München e.V. unterstützen diese Aktion.