Fossil des Monats Mai 2025
Flügelschnecke
Toarctocera subpunctata (GOLDFUSS, 1844)
SNSB-BSPG AS I 1657
Mittlerer Jura (Aalenium, ca. 178 Millionen Jahre), Opalinuston-Formation, Bad Boll, Baden-Württemberg; Größe der Schnecke: ca. 3 cm
Flügelschnecken (Familie Aporrhaidae) sind im Erdmittelalter weit verbreitet und artenreich. Diese Meeresschnecken zeichnen sich durch eine kegelförmige Spindel aus und haben auffällige Mündungsstacheln. Sie kommen auch heute noch mit einigen Arten vor. Am bekanntesten ist der Pelikanfuß (Aporrhais pespelecani), der heute von Norwegen und Island bis ins Mittelmeer verbreitet ist. Der Name wurde aufgrund seiner Mündungsstacheln vergeben, die der Schale die Form dieses Vogelfußes geben.
Das Fossil des Monats, Toarctocera subpunctata stammt aus dem frühen mittleren Jura (Aalenium) von Boll in Baden-Württemberg, aus der Opalinuston-Formation (ca. 178 Millionen Jahre alt). Die Art kommt auch in der etwas älteren Jurensismergel-Formation vor (oberer Unterjura, Toarcium). Somit ist die Art einer der frühesten gesicherten Vertreter der Familie Aporrhaidae und der Überfamilie Stromboidea.
Toarctocera subpunctata tritt im Vorland der Schwäbischen und Fränkischen Alb auf (Baden-Württemberg und Bayern) und wurde auch aus der Schweiz und Frankreich nachgewiesen. Die Art tritt in dunklen Tongesteinen auf, die darauf hinweisen, dass der Meeresboden schlammig und suppig weich war. Die langen Stacheln von Toarctocera subpunctata werden als Ausleger interpretiert, die ein Einsinken in den weichen Meeresboden verhinderten. Dies nennt man Schneeschuhstrategie, da auch Schneeschuhe dazu dienen, ein Einsinken zu verhindern. Die Stacheln sind sehr lang und fragil. Bei den allermeisten Exemplaren sind sie ganz abgebrochen, doch gelegentlich finden sich auch Stücke mit gut erhaltenen Stacheln.
Toarctocera subpunctata ist eine der häufigsten Arten in der Opalinuston- und Jurensismergel-Formation. Sie ist zum Beispiel sehr häufig in der Tongrube Mistelgau bei Bayreuth zu finden. Die Art war somit ein wichtiger Bestandteil der damaligen Lebensgemeinschaften.
Alexander Nützel, München
Abbildungen
Abb. 1: Flügelschnecke Toarctocera subpunctata (GOLDFUSS, 1844), Mittlerer Jura (Aalenium, ca. 178 Millionen Jahre), Opalinuston-Formation, Bad Boll, Baden-Württemberg; Größe der Schnecke: ca. 3 cm; Inv.-Nr. SNSB-BSPG AS I 1657. Foto: I. Hausmann.
Abb. 2: Rekonstruktionszeichnung der Flügelschnecke Toarctocera subpunctata mit vollständigen Mündungsstacheln. Bei den meisten Exemplaren sind die Stacheln ganz oder teilweise abgebrochen. Die Stacheln verhinderten ein Versinken im schlammigen Meeresboden. Christian Schulbert, aus GRÜNDEL et al. (2009).
Das Faltblatt mit ausführlichen Informationen zum Fossil des Monats steht wie immer auf der Webseite der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und Geologie als PDF-Datei zum Download (123 kB) bereit.
Fossil des Monats ist eine regelmäßige Aktion des Paläontologischen Museums München. Hierbei werden jeden Monat besondere Fossilien aus dem Fundus der Staatssammlung ausgestellt und von Wissenschaftlern der Staatssammlung und dem Lehrstuhl Paläontologie und Geobiologie eingehend in Begleittexten und einem Faltblatt erläutert. Die Freunde der Bayerischen Staatssammlung für Geologie und Paläontologie München e.V. unterstützen diese Aktion.