Exkursion Westallgäu

Geologische Exkursion in das Westallgäu

Bericht von der Exkursion am 04. Mai 2019
mit Prof. Dr. Herbert Scholz (akad. Oberrat i.R., Lehrstuhl Prof. Thuro, TUM)

Etwa sieben Kilometer westlich von Kempten und rund 300 Meter über dem Illertal erreichten wir am Fuße des Blenders den ersten Halt dieser Exkursion. Bis hier hinauf reichte der würmeiszeitliche Iller-Vorlandgletscher, gut sichtbar durch Moränenwälle der Maximalstände sowie eine Kamesterasse am Osthang des Blenders. Die sich westlich davon, bis ins württembergische Isny erstreckende, überwiegend bewaldete und bis zu 1129 Meter hohe Berglandschaft der Adelegg bzw. des Kürnach-Eschacher Waldes, stellt den durch Erosion herauspräparierten, aus Konglomeraten und Mergeln bestehenden, harten Kern eines gewaltigen Schwämmfächers dar. Diese sogenannte Hochgrat-Adelegg-Schüttung lagerte während des gesamten Oligozäns und Miozäns im Wechsel marine sowie terrestrische Sedimente in das Molassebecken ab. Im Kürnachtal, in der Oberen Süßwassermolasse, sozusagen im jüngeren Herzen dieser Schüttung, machten wir an dem Bach Goldach Halt. Die hier aufgeschlossenen Konglomerate, im Allgäu auch Nagelfluh oder Herrgottsbeton genannt, sind reich an Kristallin- und Quarzgeröllen – letztere in Spuren goldführend – daher der Name des Baches. Diese Quarzgerölle dienten im 18. und 19. Jh. als Rohstoff zur Glasherstellung in zahlreichen Glashütten im Kürnach- und Eschachtal. Im Glasmacherdorf Schmidsfelden konnten wir dann auch die Arbeit und die Kunststücke des hier wiederbelebten Glasbläserhandwerks bewundern.

Am württembergischen Westrand der Adelegg, jetzt im ehemaligen Gebiet des Rhein-Bodensee-Vorlandgletschers, hielten wir bei Rohrdorf in einer ehemaligen peripheren Rinne. In dieser Rinne, heute ein deutlich erkennbares Tal, flossen die Schmelzwässer zwischen der Gletscherzunge im Westen und den Höhen der Adelegg im Osten eingezwängt nach Norden, also Richtung Donau ab. Nach dem Rückzug des Eises sorgte ein großer Schwemmkegel, welcher sich von der Adelegg herunter in die periphere Rinne ausbreitete, dafür, dass der kleine Fluss, heute die untere Argen, nun nicht mehr nach Norden sondern nun nach Westen, Richtung Bodensee umgeleitet und somit von nun an in den Rhein fliest. Weiter südlich bei Großholzleute sahen wir dann im Bachbett dieser Argen Seetone aufgeschlossen. Sie stammen aus der Zeit, als die Argen von diesem Schwemmkegel vorübergehend zu einem See aufgestaut wurde, bevor sie sich einen Durchbruch nach Westen Richtung Bodensee schuf.

Auf unserer weiteren Fahrt Richtung Westen überquerten wir die Wallketten der äußeren und inneren Jungendmoränen des Rhein-Bodensee-Vorlandgletschers. Im Ellhofer Tobel bei Weiler-Simmerberg sind Sedimente der Oberen Meeresmolasse aufgeschlossen. Von besonderem Interesse waren hier schräggeschichtete Sandsteinpakete unterschiedlicher Körnung zwischen horizontal geschichteten, dünnplattigen, schluffigen Gesteinen. Bei den ersteren handelt es sich um Ablagerungen in Gezeitenrinnen, sogenannte Priel-Sedimente, die zweiten stellen die feine Hintergrundsedimentation dar.

Südlich von Weiler im Allgäu erreichten wir nach einem Fußmarsch durch ein Rutschungsgebiet den Entschenstein. Seine Konglomerate der Oberen Meeresmolasse liegen auf Sandsteinen und Mergeln der Unteren Süßwassermolasse, welche, wie der gesamte Hang selbst, nach Nord-West einfallen. Dies führt zu einer äußerst instabilen Situation und dem Abrutschen riesiger Konglomeratblöcke. An der großen Aufschlusswand des Entschensteins sieht man zum einen, dass die Gerölle schichtparallel eingeregelt sind, zum anderen eine Schrägschichtung des gesamten Konglomeratkörpers bezüglich eines darunter liegenden, ursprünglich waagrechten Mergelbandes. Es handelt sich hierbei um eine typische Deltaschüttung.

Unser nächster Halt galt dem Gletschertopf bei Scheffau. Hoher Wasserdruck und Fließgeschwindigkeiten von bis zu 100m/s bringen mitgeführte Kiespartikel, Sand und Gerölle dazu in den felsigen Untergrund eines Gletschers solche Töpfe regelrecht zu fräsen. Der Gletschertopf bei Scheffau hat einen Durchmesser von 1,4 Metern und eine Tiefe von 2,5 Metern.

Der letzte Aufschluss dieser Exkursion liegt in einem aufgelassenen Steinbruch im Wirtatobel am Fuße des Pfänder bei Bregenz. Schräggeschichtete Sandsteine (Foresets) und darüber fast waagerecht liegende Konglomerate (Topsets) der Oberen Meeresmolasse deuten wiederum auf ein komplexes Delta hin. Am Fuße der Wand eine ausgedehnte Austernbank mit Crassostrea crassisima, einer Auster, welcher der ständige Wechsel von Süßwasser zu Salzwasser nichts anhaben konnte. Diese Austernbank lag somit wahrscheinlich tief in einem Flussdelta, welches nur zeitweise mit Salzwasser geflutet wurde.

Christof Meier, Mai 2019

Bilder: Uwe Ryck, Christof Meier

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