Fossil des Monats Februar 2024

Graphoglyptide Spurenfossilien

Spirorhaphe sp., Cosmorhaphe sp., Paleodictyon sp.

Paläogen (unteres Eozän), ca. 55 Millionen Jahre, Greifensteiner Sandstein, Gablitz, Niederösterreich

SNSB-BSPG, Slg. Abel

Spurenfossilien (auch Ichnofossilien) sind die versteinerten Spuren von Lebewesen. Das Teilgebiet der Paläontologie, das sich mit Spurenfossilien befasst, wird Palichnologie genannt (aus dem Altgriechischen palaios »alt«, íchnos »Fußspur« und logos »Lehre«). Spurenfossilien werden – anders als die erzeugenden Organismen – nach dem (wahrscheinlichem) Verhalten klassifiziert. So gibt es u.a. Ruhespuren, Bewegungs- bzw. Kriechspuren, Weidespuren, Fressspuren, Wohnspuren, Fallen und Kultivierungsspuren, Raubspuren, Fluchtspuren und Brutstrukturen. Da unterschiedliche Lebewesen ähnliche Spuren erzeugen können und umgekehrt, ist es oftmals schwierig, Spuren einem eindeutigen Erzeuger zuzuweisen. Aufgrund unterschiedlicher Lebensweisen und Gewohnheiten zeigen Spurenvergesellschaftungen oft einen sogenannten Stockwerkbau auf, d.h. eine horizontale Abfolge innerhalb des Sediments.

Spurenfossilien sind aus allen Teilen der Erde bekannt und reichen bis ins Präkambrium zurück. Die hier ausgestellte Sandsteinplatte stammt aus eozänen Flysch-Sedimenten in Niederösterreich, die unter Tiefwasserbedingungen abgelagert wurden. Die Platte zeigt eine Reihe unterschiedlicher Lebensspuren. Dazu zählen vergleichsweise große, runde, spiralig angeordnete Strukturen (Spirorhaphe), eine kleinere, wellige Spiralstruktur (Cosmorhaphe) und ein Bau bestehend aus mehreren aneinander gereihten Sechsecken, der stark an den Aufbau von Honigwaben erinnert (Paleodictyon). Allen gemein ist die horizontale Struktur ohne erkennbare vertikale Zonierung. Diese im Flysch vorkommen, primär horizontal angeordneten Spurenfossilien werden auch als Graphoglyptiden bezeichnet.

Spirorhaphe und Cosmorhaphe bestehen aus einzelnen Linien, die nicht oder wenig miteinander verbunden sind. Sie stellen vermutlich Fressspuren dar, deren Ziel es ist, eine möglichst große Oberfläche effizient abzuweiden. Paleodictyon dagegen ist eine netzartige Spur, die als Kultivierungsspur gedeutet wurde. So könnten die erzeugenden Organismen die Baue zur Zucht von Mikroorganismen (Bakterien, Pilze etc.) angelegt haben. Es wurde auch spekuliert, dass Paleodictyon nicht durch ein einzelnes Tier erzeugt werden könnte, da die Gesamtlänge des Tunnels den Größenbereich eines Tieres bei weitem überschreiten würde, wenn es alle Routen durchqueren würde. Dies würde auf eine höhere Organisationsform der erzeugenden Tierart schließen lassen.

Thomas A. Neubauer, München

Abbildung

Abb. 1: Greifensteiner-Sandstein-Platte mit den graphoglyptiden Spurenfossilien Spirorhaphe sp., Cosmorhaphe sp. und Paleodictyon sp., SNSB-BSPG, Slg. Abel; Breite der Platte: 20 cm. Foto: SNSB-BSPG/M. Schellenberger.

Das Faltblatt mit ausführlichen Informationen zum Fossil des Monats steht wie immer auf der Webseite der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und Geologie als PDF-Datei zum (160 kB) Download bereit.

Fossil des Monats ist eine regelmäßige Aktion des Paläontologischen Museums München. Hierbei werden jeden Monat besondere Fossilien aus dem Fundus der Staatssammlung ausgestellt und von Wissenschaftlern der Staatssammlung und dem Lehrstuhl Paläontologie und Geobiologie eingehend in Begleittexten und einem Faltblatt erläutert. Die Freunde der Bayerischen Staatssammlung für Geologie und Paläontologie München e.V. unterstützen diese Aktion.