Fossil des Monats März 2024
Trilobit (»Dreilapper«)
Dicranurus monstrosus (BARRANDE, 1952)
SNSB-BSPG 1990 IX 17
Mitteldevon (ca. 390 Millionen Jahre alt), Tabouright bei Alnif, Süd-Marokko; Maße des Stücks: Länge x Höhe x Breite: 8 x 2 x 6 cm
Beinahe 270 Millionen Jahre wurden die urzeitlichen Meere von meist kleinen, aber vielgestaltigen, teils auch bizarren Kreaturen bewohnt. Die Trilobiten (altgriechisch: τρία tria = »drei« und λοβός lobós = »lappen«) sind eine ausgestorbene Gruppe der Gliederfüßer (Arthropoden) zu denen auch die Insekten gehören. Wie alle Gliederfüßer sind sie in ungleiche Körpersektionen unterteilt, besitzen paarige gegliederte Extremitäten, ein äußeres Skelett (Rückenpanzer) aus Chitin, meist mit Kalkeinlagerungen, und wachsen durch wiederholte Häutung. Ihren Namen haben die »Dreilapper« ihrer sowohl horizontalen als auch vertikalen Dreiteilung zu verdanken. Die ersten Trilobiten erschienen vor ca. 521 Millionen Jahren (Kambrium) und waren somit die zu dem Zeitpunkt fortschrittlichsten Lebensformen. Sie konnten sich bis zum Massenaussterbe-Ereignis am Ende des Perms (ca. 252 Millionen Jahre) behaupten. Viele Vertreter sind bedeutende Leitfossilien.
Alle Trilobiten waren eierlegende Meeresbewohner, jedoch deuten Fährten bzw. Fraßspuren darauf hin, dass sie sich zumindest für kurze Zeit auch an Land bewegen konnten. Sie waren perfekt an alle Lebensräume des Meeres angepasst. Anhand der Größe ihrer Augen und der Morphologie ihres Schwanzschildes lässt sich ihre Lebensweise ablesen. Beispielsweise sind im Substrat lebende Trilobiten meist augenlos mit glattem Schwanzschild, wohingegen schwimmende Vertreter meist große Augen und ein großes Schwanzschild aufweisen. Trilobiten besitzen sogenannte Facettenaugen, welche aus bis zu mehreren hundert Einzelaugen bestehen. Der innere Aufbau der Facettenaugen entspricht dem der heutigen Krebse, Insekten und Tausendfüßer. Erst 2023 wurde nachgewiesen, dass Trilobiten zusätzlich zwischen den beiden Facettenaugen auch 3 Medianaugen (Einzelaugen auf der Stirn) hatten, wie die heutigen Krebse und Insekten.
Ihre größten Fressfeinde waren vermutlich Fische, Seeskorpione und große Tintenfische, vor denen sie sich mittels Einrollung ihres Körpers schützen konnten. Zusätzlich bildeten viele Arten beeindruckende Armierungen aus dornartigen Fortsätzen ihres Panzers. Den Höhepunkt erreichte diese Entwicklung offenbar im Devon, wie die Gattung Dicranurus CONRAD, 1841 eindrucksvoll unter Beweis stellt. Dicranurus monströses Aussehen inspirierte selbst die Designer des Alien-Monsters aus dem Film Prometheus aus dem Jahr 2012.
Der Name Dicranurus monstrosus stammt aus dem Griechischen (dikranon + oura) und bedeutet so viel wie Monster mit Mistgabelschwanz. Der Namensgeber der Gattung (CONRAD) hatte fälschlicherweise das nur aus einem Kopfschild bestehende Typusfossil von Dicranurus für ein komplettes Individuum gehalten und daher die Hörner als Schwanz interpretiert. Die Mundwerkzeuge von D. monstrosus deuten darauf hin, dass er ein auf dem Meeresboden lebender Räuber war, der sich vermutlich von Würmern ernährt hat. Die Art wurde 1852 von BARRANDE zunächst unter dem Namen Acidaspis monstrosa beschrieben, jedoch später der Gattung Dicranurus zugordnet, dessen Vertreter heute in Oklahoma, New York und Marokko zu finden sind. Dies entspricht den ehemaligen flachen Meeresbereichen zwischen Euramerika und Gondwana (Rheischer Ozean). Marokko ist weltberühmt für seine exquisit erhaltenen und oft auch einzigartigen Trilobiten. Alleine aus dem Devon sind hier mehr als 500 Arten bekannt.
Melanie Altner, München
Abb. 1: Trilobit Dicranurus monstrosus (BARRANDE, 1852), Mitteldevon (ca. 390 Millionen Jahre alt), Tabouright bei Alnif, Süd-Marokko; Maße des Stücks: Länge x Höhe x Breite: 8 x 2 x 6 cm. Foto: SNSB-BSPG/M. Schellenberger.
Das Faltblatt mit ausführlichen Informationen zum Fossil des Monats steht wie immer auf der Webseite der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und Geologie als PDF-Datei zum Download (148 kB) bereit.
Fossil des Monats ist eine regelmäßige Aktion des Paläontologischen Museums München. Hierbei werden jeden Monat besondere Fossilien aus dem Fundus der Staatssammlung ausgestellt und von Wissenschaftlern der Staatssammlung und dem Lehrstuhl Paläontologie und Geobiologie eingehend in Begleittexten und einem Faltblatt erläutert. Die Freunde der Bayerischen Staatssammlung für Geologie und Paläontologie München e.V. unterstützen diese Aktion.