Fossil des Monats Januar 2020

Brückenechse – Pleurosaurus ginsburgi

Pleurosaurus ginsburgi Fabre, 1974, SNSB-BSPG 1978 I 7
Oberer Jura, Tithonium (ca. 150 Mio. Jahre), Daiting, Bayern
Länge (Schädel): 7,5 cm

Die Brückenechsen (Rhynchocephalia) sind eine Großgruppe der Reptilien, deren Ursprung mindestens bis in die Zeit der Trias (vor ca. 235 Mio Jahren) zurückreicht. Sie sind heute nur noch mit einer einzigen Art vertreten, der bekannten Tuatara (Sphenodon punctatus) aus Neuseeland. Aufgrund der langen Geschichte der Brückenechsen wird Sphenodon häufig als ein „lebendes Fossil“ angesehen.

Im Erdmittelalter waren die Brückenechsen jedoch sehr divers, sowohl, was die Anzahl der bekannten Arten angeht, als auch in Hinsicht auf ihre ökologischen Anpassungen. Eine der besonders stark modifizierten Gruppen sind sicherlich die Pleurosaurier, die insbesondere aus dem oberen Jura Süddeutschlands und Südfrankreichs bekannt sind. Pleurosaurier waren große Brückenechsen, die ganz an das Leben im Wasser angepasst waren. Der Körper dieser Tiere war stark verlängert, insbesondere der Schwanz, der in etwa zwei Drittel der Körperlänge ausmacht und hauptsächlich als Antriebsorgan einer schwimmenden Lebensweise diente. Erhaltene Weichteile bei einigen Exemplaren zeigen, dass der Schwanz von vergrößerten Schuppen flankiert war, die zusätzlich die Schwimmfähigkeit erhöhten. Im Gegensatz hierzu waren die Arme und Beine sehr verkürzt und dienten vermutlich hauptsächlich als Steuer- und Balanceorgane. Der Schädel war ebenso verlängert und spitz zulaufend, womit Pleurosaurier vermutlich aktive Fischfresser waren.

Mit ihren sehr weitgehenden Anpassungen an eine marine Lebensweise sind Pleurosaurier nur ein extremes Beispiel der ökologischen Diversität der mesozoischen Brückenechsen, die erst in den letzten 20 Jahren so richtig erkannt wurde und die das Bild einer konservativen Gruppe, beziehungsweise jenes eines „lebenden Fossils“ für Sphenodon deutlich in Frage stellt. In Wirklichkeit ist wohl auch Sphenodon ein hoch-entwickelter, moderner Vertreter seiner Entwicklungslinie. Dafür sprechen auch die bei Wirbeltieren einmaligen Anpassungen dieser Tiere, wie etwa ihre extrem niedrige funktionelle Körpertemperatur von nur 16-21° C und ihre einmalig langen Fortpflanzungszyklen von zwei bis fünf Jahren. Aufgrund dieser Besonderheiten ihrer Fortpflanzung sind die heutigen Brückenechsen vom Aussterben bedroht und überleben derzeit nur noch auf einigen Inseln um die Nordinsel Neuseelands, auf denen die Populationen der sie gefährdenden Säugetiere streng kontrolliert werden.

Das Faltblatt mit ausführlichen Informationen zum Fossil des Monats steht wie immer auf der Webseite der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und Geologie als PDF-Datei (1,7 MB) zum Download bereit.

Fossil des Monats ist eine regelmäßige Aktion des Paläontologischen Museums München. Hierbei werden jeden Monat besondere Fossilien aus dem Fundus der Staatssammlung ausgestellt und von Wissenschaftlern der Staatssammlung und dem Lehrstuhl Paläontologie und Geobiologie eingehend in Begleittexten und einem Faltblatt erläutert. Die Freunde der Bayerischen Staatssammlung für Geologie und Paläontologie München e.V. unterstützen diese Aktion.