Fossil des Monats Februar 2022

Massenvorkommen von Paralepidotus ornatus (AGASSIZ, 1834)

Paralepidotus ornatus (AGASSIZ, 1834)

SNSB-BSPG 2007 I 62

Ober-Trias (Norium), ca. 225 Millionen Jahre, Hauptdolomit (Seefelder Schichten), Wiestal bei Hallein, südöstlich Salzburg, Österreich; Länge der Platte: ca. 75 cm.

Vor der Auffaltung der Gebirgskette der Alpen, die vor etwa 135 Millionen Jahren begann und vor ca. 50 Millionen Jahren ihren Höhepunkt erreichte, waren weite Teile des südlichen Europa von Meeren bedeckt, die dem Urmittelmeer, der Tethys, zugeordnet werden können. Die Tethys war ein großer Meeresarm, der sich damals von Osten in den Superkontinent Pangäa erstreckte und bis nach Westeuropa reichte. Im Norden entwickelten sich in der Zeit der Trias ausgedehnte Karbonatplattformen, ähnlich wie man sie heute aus der Umgebung der Bahamas kennt. Diese Plattformen bildeten den Südrand des europäischen Festlandes zu jener Zeit und stellen somit die flachen Schelfbereiche dar, die der Küste vorgelagert waren. Auf den Plattformen wurde Kalkschlamm abgelagert, der heute, nach der Auffaltung der Alpen, den Hauptdolomit der nördlichen Kalkalpen repräsentiert.

Während weite Teile des Hauptdolomits jedoch eher fossilarm sind, haben sich in einigen kleineren Senken innerhalb der Plattform laminierte Sedimente abgelagert, die oft Massenvorkommen von Fischen beinhalten und als Seefelder Schichten bekannt geworden sind. Wie es zu diesen Massenvorkommen gekommen ist, war lange unklar. Inzwischen geht man jedoch davon aus, dass sich in den Senken zuerst salzreiches Wasser angesammelt hat, welches Leben am Meeresboden unmöglich machte. Dadurch kam es dann zu Sauerstoffarmut in diesen Bereichen, wovon die dunkle Farbe des Gesteins und die hervorragende Erhaltung der Fossilien zeugt, da organische Substanz nicht mehr auf normalem Weg zersetzt werden konnte. Auffällig ist, dass Fische gehäuft nur in einigen Schichten vorkommen. Zudem gibt es Hinweise darauf, dass offenbar ganze Fisch-Schwärme umkamen und eingebettet wurden. Eine mögliche Erklärung dafür ist, dass es durch starke Stürme zu Aufwirbelungen des sauerstoffarmen Wassers kam, in dem dann die davon betroffenen Fische umkamen und in den Senken abgelagert wurden.

Einer der häufigsten Fische in den Seefelder Schichten ist Paralepidotus, von dem auch hier zahlreiche Exemplare auf der Platte vorliegen. Paralepidotus ist ein Schmelzschupper, ein Verwandter der heutigen Knochenhechte, und gehört zu den Gynglimodi, einer Großgruppe der Strahlenflosser (Actinopterygii) innerhalb der Knochenfische. Die Gynglimodier spielten im Mesozoikum eine wichtige Rolle in Ökosystemen sowohl im marinen Bereich als auch in Flüssen und Seen. Heute sind sie mit nur ganz wenigen Arten nur noch im Süßwasser vertreten, während 99% der heutigen Fische zu den Teleostei gehören, einer anderen Großgruppe, die aber erst zur Zeit des Jura (von vor 200 bis ca. 145 Millionen Jahren) ihre erste große Ausbreitung erlebten. Das Massenvorkommen von Paralepidotus, bei dem sowohl ausgewachsene als auch junge Exemplare zusammen vorkommen, stellt eine Möglichkeit dar, auch die Entwicklung dieser Fische zu untersuchen.

Oliver Rauhut, München

Fotos:

Abbildung 1: Gesteinsplatte der Seefelder Schichten aus Wiestal, mit mehr als 70 Exemplaren von Paralepidotus in verschiedenen Wachstumsstadien. SNSB BSPG 2007 I 62. Länge der Platte: ca. 75 cm. Foto: BSPG/Georg Janßen.

Abbildung 2: Ein gut erhaltenes ausgewachsenes Exemplar von Paralepidotus ornatus. Länge des Fisches: 23 cm. Foto: BSPG/Georg Janßen.

Das Faltblatt mit ausführlichen Informationen zum Fossil des Monats steht wie immer auf der Webseite der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und Geologie als PDF-Datei zum Download (1,9 MB) bereit.

Fossil des Monats ist eine regelmäßige Aktion des Paläontologischen Museums München. Hierbei werden jeden Monat besondere Fossilien aus dem Fundus der Staatssammlung ausgestellt und von Wissenschaftlern der Staatssammlung und dem Lehrstuhl Paläontologie und Geobiologie eingehend in Begleittexten und einem Faltblatt erläutert. Die Freunde der Bayerischen Staatssammlung für Geologie und Paläontologie München e.V. unterstützen diese Aktion.