Fossil des Monats November 2023

Ein Kletterfarn auf dem Wurzelmantel eines Baumfarns

Ankyropteris brongniartii RENAULT auf Psaronius sp.

SNSB-BSPG 1964 XX 21

Mittleres Rotliegendes, Unterperm, ca. 295 Millionen Jahre alt, Chemnitz, Sachsen

Die Farne des ausgehenden Paläozoikums (Oberkarbon-Unterperm) hatten ganz verschiedene Wuchsformen. Einige waren kleine Kräuter, andere Kletterpflanzen, und wieder andere waren baumförmig und den heutigen Baumfarnen sehr ähnlich. Der bekannteste Baumfarn dieser Zeit war Psaronius, eine bis zu 12 m hohe Pflanze mit einem eigenartigen Stamm, der an seiner Basis recht dünn war, zur Spitze hin jedoch dicker wurde. Umgeben war der Stamm von einem mehrschichtigen Wurzelmantel, der um die Stammbasis am mächtigsten war und zur Stammspitze hin geringer wurde. Der Wurzelmantel bestand aus vielen hundert Einzelwurzeln, die über die gesamte Länge des Stammes gebildet wurden und zum Boden wuchsen. Nur mit Hilfe dieses Wurzelmantels konnte Psaronius stabil aufrecht stehen.

Vor einigen Jahren war der hier ausgestellte Dünnschliff durch den äußeren Rand eines verkieselten Psaronius Wurzelmantels aus dem Versteinerten Wald von Chemnitz schon einmal unser Fossil des Monats; damals, um die Anatomie der Wurzeln im Wurzelmantel zu zeigen. Nun haben wir den Schliff nochmals in unsere Reihe besonderer Fossilien gestellt; diesmal, um eine weitere Eigentümlichkeit vorzustellen, die man an den Wurzelmänteln gelegentlich beobachtet.

Auf und in verkieselten Psaronius-Wurzelmänteln findet man hin und wieder die Überreste eines zweiten Farns, der den wissenschaftlichen Namen Ankyropteris brongniartii trägt. Dieser Farn war kein Baum, sondern hatte lange, dünne kletternde Achsen (Stämmchen), an denen die Wedel saßen. Zwei solche Stämmchen im Querschnitt sind in unserem Fossil des Monats auf der Außenseite des Wurzelmantels zu sehen. Kletternde Farne waren im ausgehenden Paläozoikum weit verbreitet und nutzten häufig die Wurzelmäntel der Baumfarne, um in die Höhe zu gelangen. Dabei kletterten sie zunächst auf der Oberfläche des Wurzelmantels und hielten sich mit ihren eigenen Wurzeln am Untergrund fest. Mit der Zeit wurden einige der kletternden Farne dann allerdings vom Wurzelmantel umwachsen. Auf die so eingeschlossenen Stämmchen übte der weiterwachsende und immer dichter werdende Wurzelmantel des Baumfarns einen zunehmenden Druck aus. Dass A. brongniartii diesem Druck standhalten konnte, zeigen die Gewebe der Stämmchen. Der markanteste Teil der Stämmchen ist eine, das zentrale Leitgewebe umgebende, breite Rinde, die als dunkelbrauner Ring aus besonders dickwandigen Zellen erkennbar ist. Die Rinde bildete eine Art Panzer, welcher die Stämmchen davor schützte, vom Wurzelmantel verformt oder sogar zerquetscht zu werden.

Michael Krings, München

Fotos:

Abb. 1: Dünschliff (Querschliff) durch den Außenbereich eines Psaronius-Wurzelmantels, die äußeren Wurzeln sowie Stämmchen des kletternden Farns Ankyropteris brongniartii zeigend (Pfeile). Breite des größeren Ankyropteris-Stämmchens: ca. 1,2 cm. Foto: Michael Krings.

Abb. 2: Eines der Ankyropteris brongniartii-Stämmchen im Detail. Foto: Michael Krings.

Das Faltblatt mit ausführlichen Informationen zum Fossil des Monats steht wie immer auf der Webseite der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und Geologie als PDF-Datei zum Download (148 kB) bereit.

Fossil des Monats ist eine regelmäßige Aktion des Paläontologischen Museums München. Hierbei werden jeden Monat besondere Fossilien aus dem Fundus der Staatssammlung ausgestellt und von Wissenschaftlern der Staatssammlung und dem Lehrstuhl Paläontologie und Geobiologie eingehend in Begleittexten und einem Faltblatt erläutert. Die Freunde der Bayerischen Staatssammlung für Geologie und Paläontologie München e.V. unterstützen diese Aktion.